Mittwoch, 24. September 2024
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„Ärmel hochkrempeln und loslegen“

Nach 100 Tagen im Amt: Interview mit der neuen Leiterin des Ahauser Jugendamts. Foto: Stadt Ahaus
Nach 100 Tagen im Amt: Interview mit der neuen Leiterin des Ahauser Jugendamts. Foto: Stadt Ahaus

Seit dem 1. April ist Marina Bänke die neue Leiterin des Fachbereichs Jugend bei der Stadt Ahaus. Sie trat die Nachfolge von Wilfried Hollekamp an, der nach 32 Jahren im Jugendamt und zuletzt zehn Jahren als Leiter in den Ruhestand gegangen ist. Marina Bänke ist 44 Jahre jung und war zuvor als stellvertretende Leiterin im Jugendamt der Stadt Ahlen aktiv. Anfang der Woche war sie 100 Tage im neuen Amt. Zeit für ein erstes Zwischenfazit in einem Interview, das die Pressestelle der Stadt Ahaus mit ihr geführt hat.

Frau Bänke, die ersten 100 Tage im Amt sind rum, welche Herausforderungen sind Ihnen in dieser Zeit schon begegnet?

Marina Bänke: Die Herausforderung war es auf jeden Fall, den Wunsch nach einem „ruhigen“ Ankommen und die Realität im Jugendamt zusammenzubringen. Ich habe mir gewünscht, dass ich ein bisschen mehr Ruhe und auch Zeit nehmen kann, meinen Fachbereich kennenzulernen. Das sind immerhin mehr als 120 Mitarbeiter, einer der größten Fachbereiche in der Stadtverwaltung mit ca. 14 einzelnen Fachdiensten bzw. Sachgebieten. Was sind die Themen? Woran wird aktuell gearbeitet? Aber vor allem um die Menschen persönlich geht es mir. Wer sind meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Wie ticken sie? Was brauchen sie? Wie kann ich mich gut auf sie einstellen und sie kennenlernen?

Und dann kam die Realität – der ganz normale Wahnsinn eines Alltags im Jugendamt. Es hieß dann direkt, die Ärmel hochkrempeln und loslegen. Der Alltag im Jugendamt ist nun mal geprägt von vielen Herausforderungen, auch mal Problemen, die gelöst werden müssen, Entscheidungen müssen getroffen werden, es ist jeden Tag was los. Der Tag läuft nie so, wie man ihn eigentlich plant.

Daher ist es schon eine Herausforderung gewesen, diesen Spagat hinzukriegen, direkt loszulegen und auch trotzdem für jede und jeden Zeit zu nehmen. Am Ende hat es dann doch ganz gut geklappt.

Was hat Ihnen bis jetzt am meisten Spaß gemacht?

Marina Bänke: Die Zusammenarbeit mit meinem Team. Ich habe wirklich Glück. Das sind fachlich total fitte Leute, ganz gleich in welchem Bereich, und gleichzeitig sind sie auch ein sehr eingespieltes Team. Die stehen füreinander ein, es gibt einen sehr starken Zusammenhalt und auch eine extreme Bereitschaft, sich gegenseitig zu unterstützen, zu helfen.

Da geht es manchmal wirklich um menschliche Schicksale – wieviel nimmt man davon mit nach Hause, wie kommen Sie damit klar?

Marina Bänke: Natürlich nimmt man schon mal Dinge mit nach Hause, aber was hilft, ist wiederum ein starkes Team, das einem den Rücken stärkt und ein guter Austausch. Dinge werden sehr viel und intensiv besprochen, „Was macht das mit einem? Wie geht es dir und wie kriegst du das gut geregelt?“. Das ist sehr hilfreich. Mir hilft meine langjährige Erfahrung, auch professionelle Unterstützung in Form von Supervision oder Fortbildungen – das sind einige Dinge, die helfen, sich abzugrenzen und nicht so viel nach Hause mitzunehmen. Aber auch nach all den Jahren, die ich jetzt im Jugendamt gearbeitet habe, gibt es dennoch manche Dinge, die mir schlaflose Nächte bereiten. 

Deswegen, was für andere Bereiche in der Stadtverwaltung vielleicht selbstverständlich ist, zum Beispiel Homeoffice, kann für uns im Jugendamt eher schwierig werden, weil dann die Grenze total verwischt. Eine Meldung für mögliche Kindeswohlgefährdung am heimischen Küchentisch entgegenzunehmen ist nicht wirklich empfehlenswert.

Sie haben bisher in der Stadt Ahlen gearbeitet, was hat Sie dazu bewegt, sich auf diese Stelle in Ahaus zu bewerben?

Marina Bänke: Tatsächlich die Stelle an sich. Ich war ja die stellvertretende Jugendamtsleitung bzw. Fachbereichsleitung und es war für mich ein konsequenter Schritt und Wunsch, mich weiterzuentwickeln. Das hat damit zu tun, dass man als Fachbereichsleitung viel mehr Möglichkeiten hat, zu gestalten, strategisch zu denken und Dinge zu entwickeln, Entscheidungen zu treffen. Es war für mich schon immer klar, dass irgendwann aus der stellvertretenden auch dann die Fachbereichsleitung wird, und das mache ich sehr, sehr gerne.

Nun haben Sie die Zusammenarbeit intern beschrieben, aber es gibt ja auch externe Einrichtungen, Partnerschulen, Jugendverbände, soziale Einrichtungen – wie sehen Sie da die Zusammenarbeit?

Marina Bänke: Da konnte ich noch nicht ganz so viele Erfahrungen sammeln. Ich konnte bis jetzt leider erst einige wenige Einrichtungen, Träger und Institutionen besuchen und kennenlernen. Aber was ich bis jetzt erlebt habe, ist ausschließlich positiv. Alle Gespräche und Besuche waren geprägt von einer guten Atmosphäre, partnerschaftlichen Zusammenarbeit, Kommunikation auf Augenhöhe, wobei man über alle Themen offen und respektvoll sprechen konnte.

Einige Träger haben die Kennenlernbesuche genutzt, um inhaltliche Themen anzusprechen und darüber in den fachlichen Austausch zu gehen. Und das finde ich total positiv. Ich freue mich auf mehr.

Es ist also schon vieles gut gelaufen in den ersten 100 Tagen. Was haben Sie sich jetzt vorgenommen? Sie haben wahrscheinlich noch große Pläne…

Marina Bänke: Ja, absolut. Wir sind ja im Jugendamt und ein Jugendamt hat ja sehr viele Aufgaben, die gesetzlich bedingt sind und vorgegeben werden. Das heißt, dass wir uns gemeinschaftlich mit allen Teams um diverse gesetzliche Neuerungen kümmern und diese gut umsetzen werden. Einige davon sind schon da, andere stehen bevor.

Die Kinder- und Jugendhilfe ist in den letzten Jahren von den gesetzlichen Neuerungen, ich möchte schon fast sagen „geplagt“. Sei es im Kita-Bereich, Allgemeinen Sozialen Dienst, Pflegekinderbereich, Kinderschutz oder in ganz vielen anderen Bereichen und ganz aktuell bei den Vormundschaften. Überall haben wir mit neuen gesetzlichen Anforderungen, mit neuen fachlichen Standards zu tun, die wir umzusetzen haben. Das ist wichtig, dass wir den gesetzlichen Anforderungen und fachlichen Standards gerecht werden, dass wir für unsere Familien auch wirklich gute Arbeit machen können.

Dann kommen noch solche Themen wie Digitalisierung im Jugendamt dazu. Klares Ziel ist hier, dass wir einen kompletten Umstieg auf die E-Akte vollziehen. Dafür werden wir Zeit brauchen, wie auch für alle anderen Prozesse, die mit der Digitalisierung zu tun haben.

Wir haben auch den Neubau einer Kita vor der Brust. Auch das ist natürlich ein Riesenprojekt. Dann die Fortschreibung des Kinder- und Jugendförderplans oder die Spielplätze – alles große Maßnahmen.

Und wir müssen auch immer mehr inklusiv denken. Das heißt, wenn wir beispielsweise einen neuen Spielplatz bauen, müssen wir schauen, wie kann dann dieser Spielplatz für alle Kinder und Jugendlichen zugänglich sein, mit ganz unterschiedlichen Arten der Behinderung. Da ist wirklich neues Denken und Handeln angesagt.

Für mich als Führungskraft sind noch zwei weitere Dinge besonders wichtig. Zum einen, dass ich zufriedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter habe, die gerne zur Arbeit kommen, die sich nicht nur fachlich weiterentwickeln, sondern auch persönlich weiterkommen. Das gehört zu meinem Job, für gute Rahmenbedingungen zu sorgen, dass meine Leute gern zur Arbeit kommen und motiviert sind. Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind mein größtes Kapital.

Und der zweite Punkt: Wir sind ja im öffentlichen Dienst, wir sind das Jugendamt, wir stehen im Dienst der Kinder, Jugendlichen und Familien und für mich ist es ganz, ganz wichtig, dass wir einfach – ich sage mal jetzt sehr unkonventionell – „einen geilen Job machen“ und für unsere Kinder und Familien als kompetente und hilfsbereite Ansprechpartner da sind. Diese zwei Ziele bedingen sich gegenseitig: Wenn ich fachlich fitte, zufriedene Mitarbeiter habe, die motiviert sind, dann machen die ihren Job umso besser. Ans Jugendamt wendet man sich nicht gerne. Aber vielleicht schaffen wir es, das zu ändern, sodass unsere Bürger und Bürgerinnen, Ahauser Familien, sagen, „boah Jugendamt, da sind so tolle Leute, die sind immer so freundlich und hilfsbereit und wissen auch immer zu helfen“.

Und ja, dafür fühle ich mich wirklich auch verantwortlich und zuständig.

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