Am zweiten Adventssonntag fand in der Ludgerus-Kirche in Heek die Vorstellung einer Neuerscheinung zur Heeker Geschichte statt. Pfarrer Josef Leyer von der katholischen Kirchengemeinde Heilig Kreuz präsentierte und übergab der Autor, der Historiker Josef Wermert, seine druckfrisch vorliegende wissenschaftliche Arbeit über das Reliquienkreuz in der Heeker Kirche. Das wird seit Jahrhunderten als Heiliges oder Wundertätiges Kreuz, in neuerer Zeit auch unter der Bezeichnung Gnadenkreuz tief verehrt. Durch seine bildhauerische Qualität, seine hierdurch hervorgerufene Ausstrahlungskraft und seinen im Kopf des Korpus verwahrten Reliquienschatz fasziniert das Kreuz die Besucher der Kirche seit jeher.
Erweitertes Bild durch neue Quellenfunde
Der Autor stellt dabei nicht nur manche zum Teil seit Jahrzehnten immer wieder vorgetragene, aber unbelegte Behauptungen und Mutmaßungen über das Kreuz in Frage, die in der wissenschaftlichen und heimatgeschichtlichen Literatur vorgetragen wurden. Es gelingt ihm durch wichtige neue Quellenfunde, ein erweitertes Bild von der Geschichte und Verehrung dieses sakralen Kult- und Kunstobjektes zu zeichnen, dessen Heiligkeit von Anbeginn daher rührte, dass in ihm eine Reliquie vom „Wahren Kreuz Christi“ verwahrt wurde und immer noch verwahrt wird. Die Studie wurde von der Forschungsgemeinschaft zur Geschichte des Nordmünsterlandes e.V. herausgegeben.
Kreuz war auch mit Nienborg auf das Engste verknüpft
Die Frage, warum ein gebürtiger Nienborger sich der Geschichte dieses Kreuzes angenommen hat, beantwortet Josef Wermert: „Ich bin nicht nur unter einer Kopie des Kreuzes aus Gips aus dem 1930er Jahren in meinem Elternhaus aufgewachsen, welche heute in meiner eigenen Wohnung hängt. Auch die Beschäftigung mit der Geschichte des Kreuzes selbst hat mir gezeigt, dass dieses zwar seit jeher besonders mit der Pfarrgemeinde Heek verbunden ist, jahrhundertelang aber auch mit Nienborg auf das Engste verknüpft war.“ Der Autor ist seit 34 Jahren als Stadtarchivar in Olpe tätig.
Verehrung des Kreuzes bis ins 14. Jahrhundert nachzuweisen
Durch neue Quellenfunde kann der Autor die Verehrung des Kreuzes bis ins frühe 14. Jahrhundert (1317) nachweisen. Außerdem kann er die Verehrung bis in die Entstehungszeit um 1200 wahrscheinlich machen. Wermert bringt dabei die Herkunft des Kreuzes in Zusammenhang mit der Gründung der Landesburg Nienborg durch den münsterischen Fürstbischof Hermann II. von Katzenelnbogen um das Jahr 1198. Dieser habe das Kreuz mit der Kreuzreliquie seinen auf der „Neuen Burg“ angesiedelten Burgmannen gestiftet. Für die war die Pfarrkirche zu Heek damals eine neue Sakraments- und Grabeskirche geworden. Für diese ritterlich lebenden Burgmannen, die sich auch als eine sakrale Gemeinschaft verstanden hätten, sei das Heilige Kreuz fortan das wichtigste Kultobjekt in ihrer Mutterkirche in Heek gewesen, unter dem bzw. in dessen Nähe sie auch begraben werden wollten.
Verehrung kam mit der Reformation zum Erliegen
Der Autor kann weiter nachweisen, dass die mit vielen Stiftungen verbundene Verehrung mit der Reformation und ihrer Kritik an der Bilder-, Reliquien- und Heiligenverehrung und dem häufig hiermit verbundenen Aberglauben weitgehend zum Erliegen kam. Die seit dieser Zeit (1521) nachweisbare große Kreuztracht um die Pfarrgrenzen in der Volksreligiosität überlebte hingegen. In der Zeit der Gegenreformation wurde diese damals immer noch durch viele weltliche Elemente geprägte Kreuztracht allmählich zu einer rein kirchlichen Prozession umgebildet. Außerdem kam eine neue Stations-Kapelle in Ahle (erbaut 1725/26) hinzu. In der Zeit nach dem Kulturkampf am Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Kreuztracht unter Pfarrer Ferdinand Grimmelt zu einer Machtdemonstration katholischen Glaubens weiterentwickelt. Dabei wurde der Ort Nienborg, der seit frühen Zeiten immer von der Kreuztracht besucht wurde, 1829 ausgeschlossen. Der Umgang wurde verkürzt und führte nur noch zur Kapelle in Ahle.
Ansätze von Nahwallfahrten werden skizziert
Der Autor nimmt nicht nur die Veränderungen in der Kreuzverehrung und im Prozessionswesen in den Blick und geht den Prozessionswegen nach, sondern skizziert auch Ansätze von Nahwallfahrten seit dem 17. Jahrhundert und nicht zuletzt den Wandel im religiösen Leben im 19. Jahrhundert, als mit der Einführung der Kreuzwoche (1828/29) ein neues Kreuzfest etabliert wurde, das für die Gläubigen vor Ort – neben der Kreuztracht – bis in die Gegenwart von besonderer Bedeutung ist.
Freude bei Pfarrer Leyer über das Buch
„Die im Buch beschriebenen Quellen belegen die jahrhundertelange Bedeutung des Heiligen Kreuzes für Heek und Nienborg. Dem entspricht die Namensgebung für die fusionierte Kirchengemeinde Heilig Kreuz“, sagte Pfarrer Josef Leyer bei der Buchpräsentation. Er freute sich über die Ergebnisse der wissenschaftliche Arbeit von Josef Wermert.
- Wermert, Josef: Das Heilige Kreuz in Heek. Studien zur Geschichte und Verehrung eines Kult- und Kunstobjektes in der Pfarrkirche zu Heek. Herausgegeben von der Forschungsgemeinschaft zur Geschichte des Nordmünsterlandes e.V. Detmold: Lippe Verlag 2023. 213 Seiten. (= Nordmünsterland-Studien Band 4). Bezug: Buchhandel/Lippe-Verlag. ISBN 978-3-89918-700-7. 17,90 Euro.