
Die Flamingolonie im Zwillbrocker Venn wird im Jahr 2025 keinen Bruterfolg verzeichnen können. Mittlerweile haben alle Vögel ihre Brutplätze auf der Insel aufgegeben, nur noch ein einziges Individuum konnte gestern Abend (3. Juli 2025) nahrungssuchend im Flachwassersee des Zwillbrocker Venns beobachtet werden. Auch dieser könnte jederzeit das Gebiet in umliegende Nahrungsflächen verlassen oder sich dem großen Teil der Population anschließen, der bereits in die Überwinterungsgebiete gezogen ist.
Noch keine eindeutige Todesursache
Die Untersuchungen des Veterinäruntersuchungsamts sind noch nicht vollständig abgeschlossen, bislang konnte jedoch keine eindeutige Todesursache der tot aufgefundenen Flamingos festgestellt werden. Was genau zum frühzeitigen Verlassen der Kolonie geführt hat, lässt sich wohl nicht sicher beantworten. Eine Erklärung könnte darin bestehen, dass ein Raubsäuger durch seine dauerhafte Präsenz auf der Insel für kontinuierlichen Stress unter den Tieren gesorgt hat, die deshalb die Brut in diesem Jahr aufgegeben haben. Darauf deuten wiederholte Aufnahmen eines Rotfuchses auf der Wildtierkamera, sowie eindeutig prädierte Individuen von in NRW stark gefährdeten Lach- und den seltenen Schwarzkopfmöwen hin.
Venn ist aus ornithologischer Sicht von herausragender Bedeutung
Das Naturschutzgebiet Zwillbrocker Venn ist insbesondere aus ornithologischer Sicht, auch abseits der Flamingokolonie, von herausragender Bedeutung. Neben vielen gefährdeten Arten brüten hier mit Schwarzhalstaucher und Schwarzkopfmöwe zwei Arten, die in NRW regelmäßig nur im Zwillbrocker Venn brüten. Um die dortigen Brut- und Rastvorkommen zu erhalten, sind Pflegemaßnahmen für die Bereitstellung geeigneter Habitate erforderlich.
Schutzgebietsangepasstes Bejagungskonzept erforderlich
Anders als in Nationalparks oder Wildnisgebieten wird die natürliche Sukzession unterbrochen, um z.B. auf der Flamingoinsel offene, überwiegend vegetationsarme Bereiche als Habitat für brütende Flamingos und Möwen sowie rastende Watvögel zu schaffen. Darüber hinaus ist ein schutzgebietsangepasstes Bejagungskonzept erforderlich, um langfristig eine niedrige Prädatorendichte und damit auch einen niedrigen Prädationsdruck zu erreichen. Wie erfolgreich die Kombination von großflächigem Habitatmanagement und gleichzeitig konsequentem Prädationsmanagement ist, zeigt zum Beispiel die Entwicklung der Wiesenvogelbestände am Dümmer (Loonstra et al. 2024) eindrucksvoll auf.
Zaun und Regulation des Wasserstandes reichen nicht aus
Neben passivem Prädationsmanagement durch Zaun und Regulierung des Wasserstandes des Flachwassersees ist auch die aktive Bejagung von Bodenprädatoren wie Rotfuchs und Marderartigen erforderlich, da in unserer anthropogen veränderten Kulturlandschaft die natürliche Populationsdynamik zwischen Räuber und Beute nicht mehr gegeben ist.
Bejagung zum Schutz aller Vögel
Die Bejagung im Zwillbrocker Venn erfolgt dabei ausdrücklich nicht, um ausschließlich die Flamingokolonie zu erhalten, sondern um ebenfalls Lachmöwen, Schwarzkopfmöwen sowie weitere Brut- (z.B. Löffelente, Wiesenpieper) und Rastvogelarten in ihrem Bestand zu erhalten und möglichst zu fördern. Im Jahr 2010 kam es beispielsweise auf Grund eines hohen Prädationsdrucks durch Rotfüchse fast zu einem Totalausfall des Bruterfolgs der Lachmöwen. Deren Bruterfolg ist wie bei den anderen zuvor genannten bodenbrütenden Arten durch die zurzeit vorhandene Prädatorendichte gefährdet.
Ein Hinweis über Zwillbrock hinaus: Ein weitaus größerer Teil unserer Arbeit findet in den weiteren Betreuungsgebieten der Biologischen Station Zwillbrock e.V. auf etwa 3200 Hektar Fläche im gesamten Kreis Borken statt. Auf den dortigen Feuchtwiesen, Mooren und Heiden planen, organisieren und führen wir Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen durch, dokumentieren die Entwicklung von Flora und Fauna und arbeiten eng mit den dortigen Landnutzer*innen aus Landwirtschaft und Jagd zusammen, um insbesondere den Bestand von vom Aussterben bedrohten Wiesenvogelarten wie der Uferschnepfe zu fördern. Davon zeugt auch die Beteiligung am landesweiten Projekt „LIFE Wiesenvögel NRW“. Weitere Informationen darüber finden Sie unter: Über das LIFE-Projekt Wiesenvögel – Wiesenvögel Über das LIFE-Projekt Wiesenvögel – Wiesenvögel NRW