Die Schülerinnen und Schüler im Leistungskurs Geschichte der Stufe Q1 an der Bischöflichen Canisiusschule in Ahaus haben eine Geschichtsstunde der etwas anderen Art erlebt. Geschichtslehrer Dirk Rietmann hatte den Ahauser Stadtarchivar Max Pfeiffer für eine Unterrichtseinheit eingeladen.
Die Schülerinnen und Schüler lernten zunächst die Tätigkeiten und Aufgaben eines Archivars kennen und welche Arbeiten in einem Archiv neben der klassischen Arbeit mit analogen Akten auch im digitalen, wissenschaftlichen und kulturellen Bereich anfallen. Daneben erarbeiteten sie mit dem Archivar, an welchen Stellen des föderalen Staates der Bundesrepublik Deutschland neben der kommunalen Ebene (Stadt- oder Gemeindearchiv) noch weitere Archive existieren, welche Aufgaben diese haben, und dass die deutsche Demokratie ohne diese Archive ein ganzes Stück schlechter dastehen würde.
Vielfältige Archive
Die deutsche Archivlandschaft mit all ihren öffentlichen Archiven (Kommunal-, Landes-, Bundes-, Parlaments-, Kreis-, Landschaftsverbands-, Universitätsarchive, usw.) ist sehr vielfältig und größer als der Leistungskurs zunächst vermutete. Neben den öffentlichen Archiven gibt es noch eine ganze Reihe von Archiven bei Kirchen, Adel, Parteistiftungen, Unternehmen, Vereinen, Verbänden, usw., die wiederum eigene Schwerpunkte und ganz anderes Schriftgut bewahren als die öffentlichen Archive.
Kontakt mit Inhalten
Anschließend durften die Schülerinnen und Schüler dann aber auch endlich mit Inhalten der Akten im Stadtarchiv in Berührung kommen. Die von Max Pfeiffer mitgebrachten Quellen boten ein breites Spektrum an Inhalten: Vom Obstdiebstahl aus dem Garten des Münsteraner Fürstbischofs und dessen Bestrafung bis zum Tod durch den Strang 1729, von der Angst vor Seuchen und ansteckenden Krankheiten durch „Vagabunden“ 1721, der Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in Preußen nach der Revolution von 1848 (aktuelles Unterrichtsthema), der daraus resultierenden Gründung des ersten katholischen Vereins in Ahaus vor 1850 als Vorbote der späteren Zentrumspartei, ersten Jugendschutzgesetzen in Preußen 1828, bis hin zur Funktion des preußischen Zentralstaats, der sich anhand der Aktenstücke mit ein bisschen Kenntnis einfach erschließen lässt, bekamen die Schüler*innen eine Menge zu sehen.
Quellen beschäftigen sich mit Macht
Andere Quellen beschäftigten sich mit der Macht, aber auch den Problemen des preußischen Polizeiapparats oder der Verfolgung politisch extremistischer rechter und linker Gruppen in der jungen Weimarer Republik. Die Originalquellen hatte der Archivar zwar mitgebracht, sodass sich die Jugendlichen auch in den Bann und die Atmosphäre historischer Quellenunikate entführen lassen konnten, zur Arbeit an den Quellen wurden diese jedoch vorab digitalisiert, sodass die Schüler*innen die Quellen auf ihren mobilen Endgeräten auch vergrößern und bearbeiten konnten. Hierbei zeigte sich, dass Archivquellen sich auch für die Erstellung von wissenschaftlichen Hausarbeiten, den sog. Facharbeiten, beispielsweise im Fach Geschichte eignen.
Abschlussdiskussion
Sehr interessiert und aufgeschlossen beschäftigten sich die Schülerinnen und Schüler in der Arbeitsphase mit den Quellen und trugen ihre Ergebnisse in der Abschlussdiskussion vor. Geschichtslehrer Dirk Rietmann zeigte sich im Anschluss an die Archivlehreinheit sehr zufrieden sowohl mit der Auswahl der Quellen und den zugehörigen Aufgaben, als auch mit dem Interesse und Eifer seines Leistungskurses, der sich sehr intensiv und rege am Unterricht beteiligt hatte.