Freitag, 24. Dezember 2024
Aus den OrtenWenn die Worte fehlen

Wenn die Worte fehlen

Dr. H. Elisabeth Philipp-Metzen referierte unter dem Titel "Wenn die Worte fehlen" über die Kommunikation mit demenzkranken Menschen. Gut 40 Zuhörerinnen und Zuhörer waren der Einladung gefolgt.
Dr. H. Elisabeth Philipp-Metzen referierte unter dem Titel „Wenn die Worte fehlen“ über die Kommunikation mit demenzkranken Menschen. Gut 40 Zuhörerinnen und Zuhörer waren der Einladung gefolgt.

Ein alter Mensch, der die Tageszeitung im Kühlschrank deponiert; der Seife in die Pfanne legt; der seine Wohnung verlassen möchte, um „nach Hause“ zu gehen – Menschen mit demenziellen Veränderungen können mit ihrem Verhalten irritieren. Wie kann man mit diesem herausfordernden Verhalten umgehen? Um demenzsensible Kommunikation ging es bei einem Vortragsabend in der Tagespflege St. Ida am Gabelpunkt in Heek.

Verlust von Alltagskompetenzen

Die Referentin und Gerontologin Dr. H. Elisabeth Philipp-Metzen vom Kontaktbüro Pflegeselbsthilfe Kreis Borken des „Landesverbandes der Alzheimer Gesellschaften NRW“ berichtete vor rund 40 Gästen aus ihrer langjährigen Erfahrung. „Dinge zu verlegen, das ist geradezu klassisch für Demenz“, sagte sie zu den eingangs genannten Beispielen. Noch deutlicher seien Anzeichen beim Verlust von Alltagskompetenzen sowie ein kleiner werdender Wortschatz. „Meist heißt es dann: „Gib mir mal das Ding da.“ „Das Selbstbild und die Fremdwahrnehmung würden bei Demenz häufig sehr weit auseinanderklaffen. „Der Demenzkranke hält sich für jung, geistig leistungsfähig, selbstständig, gesund und unauffällig. Wir erleben die Person aber ganz anders. Nämlich als alt, vergesslich, hilflos, gebrechlich und leidend.“

Basisregeln in der Kommunikation

Philipp-Metzen stellte den Zuhörerinnen und Zuhörern Basisregeln in der Kommunikation mit Menschen mit Demenz vor. „Texten Sie die Person nicht zu, es reichen kurze, einfache Sätze. Sprechen Sie ruhig und mit Pausen. Lachen Sie und seien Sie freundlich. Lachen ist ein Türöffner, auch wenn die Person noch so abwehrend ist. Wiederholen Sie Sätze und suchen Sie Blickkontakt. Diese Basisregeln sind geradezu banal.“ Die Referentin sprach sich für die sogenannte Validation als Kommunikationsmethode aus. Dabei gelte es, auch realitätsferne Äußerungen und Handlungen für wertvoll zu erachten und zu verstehen.

Angehörige machen oft das Gegenteil

Häufig würden Angehörige aber das Gegenteil machen. „Sie versuchen, den Menschen zu reglementieren, die Äußerungen oder Handlungen zu unterbinden.“ Philipp-Metzen nannte ein Beispiel: Eine demenzkranke Person ruft immer wieder nach ihrer längst verstorbenen Mutter. „Wenn man sagt, dass die Mutter nicht mehr lebt, dann ist man zwar auf der Faktenebene, aber das Gefühl bei der demenzkranken Person nimmt nicht ab.“ Besser sei es, auf der Gefühlsebene zu antworten – und über die Mutter ins Gespräch zu kommen: „Haben Sie Ihre Mutter sehr geliebt? Woran erinnern Sie sich gerne?“

Grundsatz der Kommunikation ist immer die Deeskalation

Grundsatz in der Kommunikation sei immer die Deeskalation, erklärte Philipp-Metzen. Gleichwohl gebe es Grenzen. Zum Beispiel, wenn der nicht zutreffende Vorwurf komme, dass man dem Demenzkranken etwas gestohlen habe. „Dann sollten Sie in aller Deutlichkeit widersprechen. Und sagen, dass sie aber gerne beim Suchen helfen würden.“ Nach dem Vortrag der Expertin war Zeit für Fragen der Gäste. So ging es unter anderem darum, wie man denn auf Familienangehörige reagieren soll, die die Erkrankung zum Beispiel des Vaters oder der Mutter nicht wahrhaben wollen. Philipp-Metzens Antwort: „Dann sollten Sie den Angehörigen vorschlagen, den Demenzkranken mal für eine Woche zu sich zu nehmen.“ Susanne Vogel, Leiterin der Tagespflege St. Ida, stellte zum Schluss der Veranstaltung die Einrichtung vor. Die 18 Tagesplätze umfassende Tagespflege für Heek und Nienborg ist von montags bis samstags von 8 bis 16 Uhr geöffnet. „Es gibt noch Kapazitäten an einigen Wochentagen“, informierte Vogel. Tagespflegegästen wird ein Fahrdienst angeboten, ein Rollstuhltransport ist gewährleistet. Für demenziell erkrankte Gästen der Tagespflege gibt es gezielte Angebote.

Sven Asmuss
Sven Asmuss
Sven Asmuß, Redakteur, fest im Münsterland verwurzelt, mag den Kontakt zu anderen Menschen und deren spannende Geschichten. Familienmensch und Sportfan.
Weitere Artikel